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Einleitung - Kriegerpfad & Lebensweisheit

  • Autorenbild: Markus Ludwig
    Markus Ludwig
  • 11. Juni
  • 4 Min. Lesezeit

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**(m)eine Reise zu Kalari und Ayurveda in Südindien**


Stell dir vor, dein Kompass war auf Zynismus geeicht, und plötzlich entdeckst du einen Pfad, der direkt ins Herz Indiens führt – nicht nur auf der Landkarte, sondern tief in dir selbst. Genau diese unerwartete Wendung, diese Flucht nach vorn, möchte ich in diesem Blog mit dir teilen. Er verfolgt neben dem Versuch, unterhaltsam zu sein, insbesondere zwei Ziele:


  1. Das Kalari Abhyasam, diese vielschichtige und wie für unsere Zeit gemachte Lebenseinstellung, Körper- und Geisttraining der südindischen Kalari-Krieger Tradition nahezubringen. Es ist mehr als nur Training; es ist eine Heil- und Lehranstalt für die "Kalas", die hohen Künste des Menschen, die uns lehren, dem Alltag als lehrreiche Herausforderung zu begegnen. Die eigenen Schwächen zu verstehen, die Stärken zu trainieren und trotz aller „Kämpfe“ in unseren Leistungsgrenzen und Wahrnehmungen eine innere Gelassenheit, Zuversicht und die vielbemühte Heiterkeit zu kultivieren – für viele Menschen wird der Erfahrungsschatz dieser Tradition sicher hilfreich sein können…


  2. Und ebenso das Wissen und die Möglichkeiten des Ayurveda, der über Jahrhunderte bewährten Gesundheits- und Heillehre Indiens, mehr Menschen zu eröffnen. Ich möchte nicht noch ein weiteres Lehrbuch über die theoretischen Grundlagen des Ayurveda Systems beschreiben, sondern vielmehr die praktischen, lebendigen Aspekte der eigenen Gesundheitspflege bzw. die Prinzipien durch die Anwendungen erklären.


Beide Punkte ergänzen sich meiner Ansicht und Erfahrung hervorragend, zum einen nutzt auch der Kalari Abhyasi, der „Kalari Trainierende“, seit Jahrhunderten den Ayurveda für sich und zum anderen kann der Ayurveda durch die tiefe praktische Körper- und Geisterfahrung der Kalari Erfahrungen in seiner Intensität und Ganzheitlichkeit sehr deutlich gesteigert werden.


(Auch wenn es im südindischen Kerala, dem kleinen Land, in dem die Kalari Tradition und Ayurveda jahrhundertelang nebeneinander existierten Berührung und Austausch gab, ist es leider die Regel, dass der eher hochkastige vedische Arzt die dravidische „Dschungelerfahrung“ der Kalaris eher meidet bzw. es kaum als Wissenschaft anerkennen kann. Wobei das Kalari Wissen eben auch kein Bücherwissen ist, sondern erfahren werden will…)


Ich möchte mein kleines Indien-Reisetagebuch als „roten Faden“ nutzen, um das Kalari Abhyasam, sowie die Ayurveda Praxis näher zu bringen. Zum Teil recht ausführliche Kommentare, sollen das Erlebte bzw. Gedachte detaillierter erklären bzw. auch für den Interessierten nutzbar machen. Hoffentlich gelingt es mir dadurch eine Balance zwischen unterhaltsamer Subjektivität und lehrreicher Theorie zu finden…

Nun etwas zur Vorgeschichte des Reiseberichts bzw. zu meiner Person:


Vom Verweigern zum Verbinden – wie alles begann

Wenn man mir heute begegnet – als Kalari-Therapeut, Ayurveda-Lehrer oder Betreiber eines kleinen, familiengeführten Versandhandels – dann sieht man vielleicht eine gewisse Ruhe, vielleicht auch ein bisschen Heiterkeit im Umgang mit alten Traditionen. Was man selten sieht: dass ich einmal als 24-jähriger Totalverweigerer mit Zynismus in der Lunge und Polizisten im Nacken nach Indien „geflohen“ bin.

1994 stand ich mit einem Koffer voller innerer Widersprüche vor der Entscheidung: Rückzug oder radikaler Aufbruch. Ich wählte den Aufbruch. Mein Ziel: Indien. Mein Gepäck: ein Buch über Yoga und Ayurveda, Briefe eines Freundes aus einem Kalari in Südindien – und ein ordentlicher Mangel an Fitness, Sprachkenntnissen und Lebensplan.

Ich wusste nur: Zurück wollte ich nicht. Fünf Jahre im Ausland würden die Verjährung meiner Verweigerung bringen. Aber statt eines selbstgewählten Exils fand ich etwas, das mich bis heute prägt: eine lebendige Verbindung zweier jahrtausendealter Systeme – Kalari und Ayurveda.

Kalari Abhyasam, das ganzheitliche Körper- und Geistestraining der südindischen Kriegertradition, begegnete mir nicht als sportliche Disziplin, sondern als Lebenshaltung. Ayurveda wiederum, diese tief verwurzelte Gesundheitskunst, zeigte mir, wie eng Lebensführung, Naturbeobachtung und Selbstfürsorge miteinander verknüpft sind.

Beide Traditionen lebten nicht aus Büchern, sondern aus Erfahrung. Ich wurde Schüler in einem Kalari, lernte von Ayurveda-Ärzten, von Yogis und Lehrern des alten indischen Wissens. Und: Ich heiratete in einem Tempel die wunderbarste Frau, die ich bis heute kenne.

Wir kehrten später mit vier Kindern nach Deutschland zurück, gründeten eine kleine Heil- und Lehrstätte, vergrößerten uns, bauten einen Versandhandel für ayurvedische Produkte auf – und heute leben wir gemeinsam auf einem alten Hof mit Praxis, Kräuterwissen, Waldgarten und einer Idee: Dass Kalari und Ayurveda, richtig verstanden, keine exotischen Relikte sind, sondern Werkzeuge für unsere Zeit.


Überblick

Auch wenn die Eindrücke eines Tagebuches doch keiner geplanten Ordnung folgen, haben sich bestimmte Themen hintereinander angeordnet:


Im Ersten Teil kommen wir im Ayurveda Hospital des AVN an. Dort decke ich uns mit ayurvedischen Mitteln ein und nutze in den ergänzenden Kommentaren die Möglichkeit, etwas ausgiebiger bestimmte Aspekte eine ayurvedische Gesundheitspflege zu erklären.


Im Zweiten Teil machen wir eine kleine Rundreise durch Kerala zu unseren Wurzeln: der Familie, Freunden und Kalari Lehrern. Dies nehme ich als Anlass die Kalari Tradition, aus meiner Sicht, etwas zu erklären bzw. zugänglich zu machen.


Im Dritten Teil sind wir dann wieder im AVN Ayurveda Hospital, in dem ich verschiedene reinigende und aufbauende Anwendungen bekomme. Die Gelegenheit nutze ich insbesondere um die Anwendungen bzw. Ayurveda Therapie aus meiner „Kalari Sicht“ zu erklären.


Im abschließenden, kurzen Vierten Teil wird es etwas philosophisch. Ein Resümee über Ziele und Werte. Persönliche Gedanken ergänzt durch Betrachtungen aus der Spiritualität des Kalari und der Philosophie der Veden.


Mit diesem Blog möchte ich diese Reise weiter erzählen. Nicht als nostalgischen Reisebericht, sondern als lebendige Erkundung zweier Wege, die sich zu einem verbinden. Die persönlichen Notizen eines ehemaligen Zynikers, der in Indien Demut gelernt hat, werden dabei zum roten Faden: manchmal schmerzhaft ehrlich, auch mal schmunzelnd, hoffentlich nützlich.

Der nächste Beitrag erzählt von meiner Rückkehr nach Indien – zwanzig Jahre später – in ein Ayurveda-Hospital, mit Körperölen im Gepäck und neuen Fragen im Herzen. Welche überraschende Erkenntnis wartete dort auf mich, die selbst meine erfahrensten Lehrer staunen ließ?

Herzlich, Markus

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